Pfingsten ist die Geburtsstunde der weltweiten Kirche
Der Geist von Pfingsten ist der Geist der Freiheit in Kirche, Ökumene und Mission!
Da lohnt es sich schon mal genau hinzuhören; denn wer träumt nicht von seiner großen Freiheit und merkt dann immer wieder: Meine Freiheit ist recht begrenzt. Zu viele Grenzen, Forderungen, Ansprüche, Verpflichtungen sind da, die mich einengen.
Wenn vom Geist von Pfingsten die Rede ist, geht es um den Geist der Freiheit.
„Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2.Kor.3.17). „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Lasst euch nicht wieder unter das knechtische Joch fangen!“ (Gal.5.1)
Er wird auch bezeichnet als „Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2.Tim. 1.7).
Kraft und Liebe sind unendlich, nicht fassbar, sind fließende, strömende Energiekräfte. Sie brauchen wie der Fluss ein Bett, damit sie ihr Ziel erreichen und nicht zerfließen. Daher braucht es die Besonnenheit, die der Kraft und der Liebe hilft richtig wirken zu können.
„Die der Geist Gottes treibt sind Gottes Kinder“ (Röm. 8.14)
Welcher Geist treibt mich? Was treibt mich an?
Ist es Gottes Geist der Freiheit, der mich treibt?
Das wichtigste Fest?!
Im Grunde ist Pfingsten religiös wie psychologisch ein wichtiges Fest.
Alles was vorher war: Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Kindheit, Erwachsensein und Wirken Jesu, Tod und Auferstehung, Himmelfahrt und Auftrag, wäre bedeutungslos, wenn es nicht in uns geschieht, in uns Wirklichkeit wird.
Pfingsten ist das Fest unserer Reife, unserer Volljährigkeit und Mündigkeit.
Pfingsten begründet ja eine neue Gemeinschaft und wird nicht umsonst als der Geburtstag der Kirche gefeiert.
Mündigkeit durch den Geist
Diese neue Gemeinschaft ist eine eigenartige Gemeinschaft von Freien, Souveränen, Mündigen.
Das macht der Geist Gottes, der Geist von Pfingsten also aus uns.
Paulus schreibt das an die Römer (Röm.8.15 u.17) so:
„Ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, so dass ihr euch erneut fürchten müsstet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba (Pappi).Sind wir aber Kinder (das heißt Söhne und Töchter), so sind wir auch Erben, Gottes Erben und Mit-Erben mit Christus“, das heißt Christus gleichgestellt!
Da wird uns die neue Freiheit und Würde, das neue Selbstbewusstsein zugesagt. Das ist die Mündigkeit die der Geist Gottes schenkt.
Wir sind nicht mehr Knechte und Mägde, also Abhängige und gehorsame Untertanen. Wir sind Söhne und Töchter, gleichberechtigte Mit-Erben.
Zu diesem Recht auf Freiheit und Leben in Fülle gehört auch die Pflicht zur Lebens- und Weltverantwortung, wie es von Söhnen und Töchtern erwartet werden darf.
Impulse zum Nachdenken für mich, Kirche, Ökumene und Mission:
– Wie steht es mit meiner Mündigkeit, Selbständigkeit, Freiheit?
– Ist es für mich einfacher und bequemer andere machen zu lassen, untergeben zu sein, mich anzupassen, mitzulaufen, trendy zu sein?
– Mündig im Sinne von „den Mund aufmachen“ hat Konsequenzen bis ins
private, kirchliche wie gesellschaftliche Leben.
Weltmissionskonferenz San Antonio 1989
„Dass Gott die Kirche gegründet hat, um Dienerin des Gottesreiches, um ein Zeichen von Gottes neuer Ordnung zu sein, damit sie in jedem Land den himmlischen Gottesdienst feiert, das glauben wir. Dass Christus in vollem Bewusstsein unserer Unterschiede dafür betet, dass wir eins sein mögen, damit die Welt glaubt, das glauben wir.“
Ökum. Weltversammlung der Christen in Seoul 1990
„Ich glaube an Gott, der die Liebe ist,
und der die Erde allen Menschen geschenkt hat.
Ich glaube nicht an das Recht des Stärkeren,
an die Stärke der Waffen, an die Macht der Unterdrückung.
Ich glaube an Jesus Christus,
der gekommen ist, uns zu heilen,
und der uns aus allen tödlichen Abhängigkeiten befreit.
Ich glaube nicht, das Kriege unvermeidlich sind,
dass Friede unerreichbar ist.
Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen,
die berufen ist, im Dienst aller Menschen zu stehen.
Ich glaube nicht, dass Leiden umsonst sein muss,
dass der Tod das Ende ist,
dass Gott die Zerstörung der Erde gewollt hat.
Ich glaube, dass Gott für die Welt eine Ordnung will,
die auf Gerechtigkeit und Leibe gegründet, und dass
alle Männer und Frauen gleichberechtigte Menschen sind.
Ich glaube an Gottes Verheißung eines neuen Himmels
und einer neuen Erde, wo Gerechtigkeit
und Friede sich küssen.
Ich glaube an die Schönheit des Einfachen,
an die Liebe mit offenen Händen,
an den Frieden auf Erden. Amen“
Credo aus Seoul
„Solange die Menschen, die Christi Namen tragen, einander bekämpfen, solange sie nicht zu einer Gemeinschaft geworden sind, kann die Welt nicht glauben, dass alle Christen Kinder des gleichen Vaters sind. Die Christen selbst würden aufs Neue jene Heuchelei in die Welt hineintragen, die Christus bei den Pharisäern angeprangert hat. „Christus kann man nicht teilen“, der Leib Christi ist einer. Alle, die sich Christen nennen, müssen sich davor hüten, durch ihre Konflikte den Menschen, die nicht glauben können, Ärgernis zu geben. Wir geben uns Rechenschaft darüber, dass uns die Welt mit Recht nicht ernst nimmt, wenn wir uns leichthin zu einem Gott der Liebe bekennen, dabei aber einander geringschätzen, obwohl wir den Namen Christi tragen. Kann man sich da noch wundern, wenn die große Menge der Nichtchristen unser Zeugnis nicht zur Kenntnis nimmt?“
Frère Roger
Herr, schütze unsere Zweifel, denn Zweifel sind…
Herr, schütze unsere Zweifel, denn Zweifel sind eine Art des Gebets: Sie lassen uns wachsen, weil sie uns zwingen, die vielen Antworten auf eine einzige Frage angstfrei zu sehen. Und damit dies möglich ist, Herr, schütze unsere Entscheidungen, denn die Entscheidung ist eine Art des Gebets.
Gib uns den Mut und die Fähigkeit, uns trotz unserer Zweifel für den einen oder anderen Weg zu entscheiden. Damit unser Ja immer ein Ja sei und unser Nein immer ein Nein. Denn wenn wir uns einmal für einen Weg entschieden haben, sollten wir weder zurückschauen noch unsere Seele von Reue zerfressen lassen.
Und damit das möglich ist, Herr, schütze unsere Handlungen, denn das Handeln ist eine Art des Gebets.
Mach, dass unser täglich Brot die Frucht des Besten ist, das wir in uns tragen. Dass wir über die Arbeit und das Handeln ein wenig von der Liebe miteinander teilen, die wir empfangen.
Und damit dies möglich ist, Herr, schütze unsere Träume, denn der Traum ist eine Art des Gebets.
Mach, dass wir unabhängig von unserem Alter und unseren äußeren Bedingungen fähig sind, im Herzen die heilige Flamme der Hoffnung und Beharrlichkeit zu tragen.
Und damit dies möglich ist, Herr, gib uns Begeisterung, denn Begeisterung ist eine Art des Gebets. Sie verbindet uns mit dem Himmel und der Erde, den Erwachsenen und den Kindern und sagt uns, dass der Wunsch wichtig ist und unsere Anstrengungen verdient. Sie bekräftigt uns darin, dass alles möglich ist, sofern wir vollkommen eins mit dem sind, was wir tun.
Und damit dies möglich ist, Herr, schütze uns, weil das Leben die einzige Form ist, wie wir Dein Wunder offenbaren können. Dass die Erde weiterhin den Samen in Korn verwandelt, dass wir weiterhin das Korn in Brot verwandeln.
Und dies ist nur möglich, wenn wir Liebe haben – daher lass uns nicht einsam sein. Sei immer bei uns und lasse uns mit Menschen zusammen sein, die zweifeln, handeln, träumen, sich begeistern können und die leben, als wäre jeder Tag ganz und gar Deinem Ruhme geweiht.
Amen.
Paulo Coelho
ganz hier – Spiritualität entdecken und leben
Spiritualität entdecken – und leben
Ein neues Webportal der ELKB lädt ein zur Vielfalt christlicher Glaubenserfahrungen Glaube wird lebendig, wenn er erfahren wird. Doch wo kann das geschehen? Ein neues Webportal der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) macht die große Bandbreite spiritueller Zugänge sichtbar – und lädt zum Erkunden und Mitmachen ein.
Hier die gekürzte Fassung: von Diakonin Andrea Heußner und Pfarrerin Leonie Orit Büchele:
Drei Menschen, drei Wege, eine Sehnsucht
Katrin findet Halt im gemeinsamen Gebet. Klaus spürt Trost, als eine Pfarrerin seine sterbende Mutter segnet. Johanna entdeckt beim Pilgern eine neue Tiefe in ihrem Glauben. Drei unterschiedliche Erfahrungen – und doch Ausdruck derselben Suche nach Verbundenheit mit Gott. Diese Vielfalt an spirituellen Zugängen existiert auch in unserer Landeskirche.
Ob Gebet, Rituale, Stille oder Musik – Spiritualität zeigt sich in vielen Formen. Die Landessynode der ELKB hat daher beschlossen, christliche Spiritualität gezielt zu fördern. Ein wichtiger Schritt ist dabei das neue Webportal „ganzhier.de – Spiritualität evangelisch“.
Spiritualität sichtbar machen
Wie kann gelebter Glaube Menschen erreichen? Eine der zentralen Ideen des neuen Netzwerks Spiritualität ist es, Sprachfähigkeit zu fördern: Über Glauben sprechen, religiöse Scham abbauen und persönliche Erfahrungen teilen. Denn Christsein bedeutet, eine „Storytelling-Religion“ zu leben – vom Suchen und Finden, vom Zweifeln und Staunen zu erzählen.
Gleichzeitig geht es darum, die vielfältigen Angebote in unserer Kirche sichtbar zu machen. Es gibt bereits unzählige Initiativen und Gruppen, die Räume für Glaubenserfahrungen schaffen. Das Webportal will helfen, sie bekannter zu machen und Menschen dorthin zu führen, wo sie neue spirituelle Impulse finden können.
Vernetzung als Schlüssel
Nicht jede Gemeinde kann alles anbieten. Deshalb ist es wichtig, Netzwerke zu knüpfen und Menschen weiterzuvermitteln – sei es an spirituelle Zentren, Pilgerangebote oder Meditationskreise. Spiritualität lebt von Austausch und Inspiration.
Ein weiterer Aspekt: Kirche muss die Bedürfnisse der Menschen wahrnehmen. Die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) hat gezeigt, dass viele eine Sehnsucht nach tragfähiger Gemeinschaft, Orientierung und Transzendenz haben. Sie suchen nach Orten, an denen sie sein dürfen, wie sie sind – ohne Leistungsdruck.
Ein digitales Portal für spirituelle Vielfalt
Warum ein Webportal? Weil es hilft, die Fülle christlicher Spiritualität in unserer Kirche zugänglich zu machen. „ganzhier.de“ bietet verschiedene Themenschwerpunkte, die sich an zehn zentrale spirituelle Zugänge anlehnen:
» Stille – Meditation, Kontemplation, SchweigeRetreats
» Rituale – Segnungen, Abendmahl, liturgische Feiern
» Wort – Bibellesen, Andachten, geistliche Impulse
» Musik – Taizé-Gesänge, Lobpreis, Chanten
» Kunst – Ikonen, Malen, Tanz als Ausdruck des Glaubens
» Gemeinschaft – Hauskreise, Pilgergruppen, digitale Glaubensforen
» Natur – Walderfahrungen, Schöpfungsspiritualität, Pilgerwege
» Körper – Körpergebet, christliches Yoga, Tanz
» Verantwortung – Engagement aus dem Glauben heraus
» Persönlichkeit – Glaubensbiografie, geistliche Begleitung
Ein Selbsttest hilft, herauszufinden, welche Zugänge besonders passend sein könnten. Dazu gibt es praxisnahe Anleitungen, etwa zur ersten Meditation oder zur Gestaltung eines eigenen Rituals.
Spiritualität in die Mitte der Kirche rücken
Kirche wird sich in den kommenden Jahren stark verändern – das ist kein Geheimnis. Schrumpfende Mitgliederzahlen, weniger finanzielle Mittel, größere Herausforderungen in der Seelsorge. Inmitten dieses Wandels zeigt sich, dass Spiritualität ein zentraler Schlüssel für die Zukunft sein kann. Denn Glaube wird nicht nur durch Struktur erhalten, sondern vor allem durch Erfahrung. Menschen suchen nach echten, tiefen Erlebnissen mit dem Göttlichen.
Das neue Webportal will dabei helfen, solche Erfahrungsräume zu schaffen und zu vernetzen.
Neugier wecken – Glauben erleben
Das Spirituelle Zentrum auf dem Kirchentag in Nürnberg hat es eindrucksvoll gezeigt: Warteschlangen vor den Meditationsräumen, Menschen, die überrascht feststellen: „Ich wusste gar nicht, dass es so etwas bei der Kirche gibt!“
Gerade für Menschen, die sich nicht (mehr) selbstverständlich als Teil der Kirche fühlen, kann Spiritualität eine neue Tür öffnen. Indem das Portal einladend gestaltet ist und Angebote leicht zugänglich macht, können Suchende entdecken: Glaube kann erlebt werden – und hat Platz für viele Ausdrucksformen.
Das Netzwerk Spiritualität versteht sich dabei nicht als exklusiver Kreis für besonders „fromme“ Menschen, sondern als Einladung an alle, die sich mit spirituellen Fragen beschäftigen. Es braucht keine speziellen Vorkenntnisse oder eine feste Glaubensbiografie – jeder darf dort ankommen, wo er oder sie gerade steht.
Mitmachen und Spiritualität gestalten
Das Portal ist keine Einbahnstraße – es lebt von Beteiligung! Wer eigene spirituelle Erfahrungen, Angebote oder Termine teilen möchte, ist herzlich eingeladen, mitzumachen. So wird „ganzhier.de“ zu einer wachsenden Plattform für alle, die sich nach lebendigem Glauben sehnen. Denn Spiritualität lässt sich nicht verordnen – sie ist ein dynamischer Prozess und eine Einladung, sich auf den Weg zu machen. Die ELKB will mit diesem Webportal einen Raum schaffen, in dem Menschen ihre persönliche Glaubensreise gestalten können – in all ihrer Vielfalt, Weite und Tiefe.